Der Weltfrauentag steht weltweit im Zeichen des Kampfes für Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Egal ob politisch, gesellschaftlich oder beruflich – die Gerechtigkeit aller Geschlechter ist noch nicht erreicht. Auch in Deutschland mag die Gleichberechtigung per Gesetz und Verfassung zwar fester Bestandteil der rechtlichen Realität sein – die Umsetzung auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene ist jedoch noch weit von einer absoluten Gleichberechtigung von Frauen und Männern entfernt. Vor allem beruflich zeigt sich diese Ungleichheit. Betroffen sind ausnahmslos alle Branchen – auch jene wie die der Pflege und Gesundheit, obwohl sie weiblich dominiert sind.
Entstehung des Weltfrauentag
Der erste Internationale Frauentag fand am 19. März 1911 auf Vorschlag der deutschen sozialistischen Politikerin Clara Zetkin statt und wurde in Deutschland, Dänemark, Österreich, der Schweiz und den USA zelebriert. Weit mehr als eine Million Frauen gingen an jenem Tag auf die Straße und demonstrierten für das aktive sowie passive Wahlrecht. Seit 1975 gilt der 8. März als „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden”. In Deutschland ist der Internationale Frauentag seit 2019 in Berlin und seit 2023 in Mecklenburg-Vorpommern ein gesetzlicher Feiertag.
Seitdem hat sich in Sachen Gleichberechtigung der Geschlechter weltweit zwar einiges getan, von einer absoluten Gleichstellung kann jedoch weder gesellschaftlich, politisch oder wirtschaftlich längst nicht gesprochen werden. Zwar legt in vielen Staaten die Verfassung oder das Gesetz die Gleichberechtigung aller Geschlechter fest, wie so oft mangelt es jedoch an der Umsetzung.
Anlässlich des Weltfrauentag – Frauen in der Arbeitswelt
In Deutschland zeigt sich vor allem in der Arbeitswelt ein deutliches Gefälle – etwa in Sachen paritätischer Besetzung von Führungspositionen oder auch in der Gender Pay Gap. Der Arbeitsmarkt ist jedoch branchenübergreifend von einer Divergenz der Geschlechter geprägt.
Obwohl theoretisch jede Person mit entsprechender Qualifikation jeden Beruf ausüben kann, wird noch heute stellenweise von „typischen Frauen- oder Männerberufen” gesprochen. Während etwa Handwerksberufe sowie körperlich anstrengende oder gar gefährliche Berufe in der Industrie oder Baubranche überwiegend von Männern ausgeübt werden, sind die Erziehungs- und Pflegeberufe – vor allem Berufsbilder im Sozialbereich – eher von Frauen besetzt. Nicht, dass Pflegeberufe nicht körperliche anstrengend wären, allerdings überwiegt hier die soziale Komponente.
Dass Frauen beispielsweise in schlechter bezahlten Berufen arbeiten, zu denen die Pflege- und Sozialberufe gezählt werden, wird als eine der Ursachen für den großen Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen vermutet. Auch eine ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen in manchen Branchen, trotz gleicher Qualifikation, trägt erheblich zur Ungleichbehandlung und somit schlechteren finanziellen Entlohnung von Frauen in Anstellungsverhältnissen bei.
Frauen in Führungspositionen
Ein weiterer entscheidender Faktor der Gender Pay Gap ist die schlechte Frauenquote in gutbezahlten Führungspositionen – vor allem in den großen Wirtschaftsunternehmen. Zu Führungspositionen zählen etwa die Geschäftsführung kleiner und großer Unternehmen, Vorstände, eine Bereichsleitung in großen Unternehmen sowie leitende Positionen im Verwaltungsdienst. Gemäß dieser Klassifikation entspricht das laut Statistischem Bundesamt einem Anteil weiblicher Führungskräfte von 28,9 Prozent (Stand 2022).
Dieses Machtgefälle wird unter anderem durch die ungleichen Verdienstsituationen von Männern und Frauen bedingt. Spätestens beim Thema Eltern- oder Teilzeit wird das deutlich. Zwar ist der Anteil von Vätern in Elternzeit gestiegen, liegt mit 26,1 Prozent (Stand 2022) jedoch deutlich hinter den Müttern, wie aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Demnach haben Frauen im gleichen Jahr durchschnittlich 14,6 Monate Elternzeit beantragt, Männer dagegen nur 3,6 Monate. Auch nach der Elternzeit sind es häufiger Frauen, die in Teilzeit arbeiten und somit die Erziehungsverantwortung neben dem Beruf tragen. Dieser Ausfall an Arbeitszeit macht sich nicht nur finanziell im Monatseinkommen und später in der Rente bemerkbar.
Die Gesundheitsbranche bildet bezüglich einer geschlechtergerechten Verteilung in Führungspositionen keine Ausnahme. Das Pflegenetzwerk Deutschland (eine Initiative des Bundesgesundheitsministeriums) schreibt hierzu 2022, dass Führungspositionen in den Verwaltungen im Gesundheitswesen gerade mal zu 21 Prozent von Frauen besetzt sind, obwohl rund drei Viertel der Beschäftigten weiblich sind. In der Pflege zeichnet sich hier jedoch ein anderes Bild, was für den Pflegeberuf Grund zur Hoffnung macht.
Frauen in der Pflege und medizinischen Berufen
Die Pflege sowie ein Großteil der Gesundheitsbranche ist weiblich. Laut einem Bericht der Bundesagentur für Arbeit zur Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich waren 2022 mehr als vier von fünf Pflegekräften Frauen. Das entspricht 82 Prozent aller Sozialversicherungsbeschäftigten in der Pflege.
Auf das gesamte Gesundheitspersonal gerechnet, also neben den Pflegefachkräften auch einschließlich der medizinischen Fachangestellter in den Hausarzt- sowie fachspezifischen Arztpraxen, Apotheken, Rehabilitationseinrichtungen usw., liegt der Frauenanteil laut Statistischem Bundesamt bei 75 Prozent.
Die weibliche Dominanz im Pflegewesen zeigt sich im Vergleich zu anderen Branchen zum Teil in den Führungspositionen. So sind laut Pflegenetzwerk Deutschland fast zwei Drittel der Führungskräfte im Pflegedienst in Kliniken weiblich. In Pflegeheimen liegt der Frauenanteil in Führungspositionen nach der Einschätzung verschiedener Stellen zwischen 40 und 50 Prozent.
Auch wenn viele mit dem Arztberuf einen älteren Mann im weißen Mantel mit Brille auf der Nase in Verbindung bringen, tut sich in der Ärzteschaft so einiges. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung sind zwei Drittel der Studienanfänger im Fach Medizin Frauen (Stand 2022). Auch in der Ärzteschaft macht sich die Verweiblichung der Medizin bemerkbar. So stieg im selben Jahr der Anteil der weiblichen Ärzte und Psychotherapeuten erstmal auf mehr als 50 Prozent. Vor allem in der Psychotherapie (sowohl ärztl. Als auch psycholog. Psychotherapeuten) sowie unter Frauenärzten und Kinderärzten wird das deutlich. Die Chirurgie, Orthopädie sowie die Urologie sind hingegen nach wie vor stark männlich geprägt. Wenngleich die nachkommende Ärzteschaft weiblicher werden dürfte, ist der aktuelle Stand in den Führungspositionen bei Ärzten noch deutlich männlich dominiert.
Zum Weltfrauentag: Berühmte Frauen aus der Pflege und der Medizin
Vor allem in der Pflege sind Frauen nicht nur die dominierende Belegschaft und halten vielerorts den Betrieb am Laufen – wie sich zuletzt während der Corona-Pandemie gezeigt hat. Frauen sind seit Beginn an Vorreiter, seit es die Fürsorge und Genesung von Kranken und Pflegebedürftigen Menschen gibt. Wir möchten drei von ihnen vorstellen, die aufgrund ihrer Errungenschaften, begleitet vom Stetigen Kampf für Gleichberechtigung, in die Geschichte der Pflege eingegangen sind.
Florence Nightingale (1820-1910):
Die britische Krankenschwester – und Statistikerin – zählt als Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege. Mit ihren Schriften „Notes of Nursing” schaffte sie die Grundlage der heutigen Pflegetheorie. Nightingale wurde auch durch ihre systematische Versorgungspraxis von Kriegsverwundeten bekannt. Mit ihrer Statistikarbeit reformierte sie die Grundzüge des britischen Sanitätswesens und der Gesundheitsfürsorge. An ihrem Geburtstag, dem 12. Mai, findet ihr zu Ehren der „Internationale Tag der Pflegenden” statt.
Anges Karll (1868-1927):
Die Krankenschwester aus der Lüneburger Heide hat sich vor allem als Reformerin der Krankenpflege in Deutschland einen Namen gemacht. Also sog. „freie” oder „wilde” Schwester, arbeitete sie auf eigene Rechnung und war keine Ordensschwester und gehörter keiner konfessionellen Schwesternschaft an. Die freien Krankenpflegerinnen hatten dadurch auch keine Absicherung im Krankheitsfall oder im Alter. Um für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen, gründete Karll mit weiteren Krankenschwestern in Berlin die erste Berufsorganisation für Krankenpflegerinnen in Deutschland, die Vorläuferin des heutigen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK).
Hermine Edenhuizen (1872-1955):
Die aus Ostfriesland stammende Ärztin ist zwar keine Krankenpflegerin, ebnete als erste deutsche Frauenärztin jedoch für zahlreiche nachkommende Medizinerinnen den Weg. Zu einer Zeit, in der das (Medizin)Studium nur Männern angedacht war, kämpfte sich Hermine Edenhuizen durch ein von Benachteiligung geprägtes, patriarchales Bildungssystem und bestand ihr medizinisches Staatsexamen in Bonn mit „sehr gut” und ihre Doktorprüfung mit „summa cum laude”. Sie bekam als erste Frau eine bezahlte Assistenzarztstelle und absolvierte die Facharztausbildung „Spezialärztin für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe”. Die Ärztin engagierte sich frauenpolitisch und kämpfte für das Recht auf Berufstätigkeit für Frauen und für die Abschaffung des §218, der Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt.