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Tiergestützte Pädagogik: Wie Tiere als Co-Pädagogen unser Lernen bereichern

Autorin Marion Reiss
Marion Reiß
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Tiergestützte Pädagogik: Wie Tiere als Co-Pädagogen unser Lernen bereichern

Was ist tiergestützte Pädagogik?

Die tiergestützte Pädagogik, auch bekannt als tiergestützte Intervention (TGI), nutzt die besondere Beziehung zwischen Mensch und Tier, um Lernprozesse zu unterstützen und die soziale sowie emotionale Entwicklung zu fördern. Dabei dienen Tiere als sogenannte Co-Pädagogen, die durch ihre Anwesenheit und Interaktion positive Effekte auf die emotionalen, sozialen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten von Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen haben. Ein Beispiel ist der Einsatz von Therapiehund Max, der regelmäßig Kindergärten besucht. Mit seiner ruhigen und freundlichen Art bringt Max den Kindern viel Freude und hilft ihnen gleichermaßen, Ängste abzubauen und Selbstvertrauen zu gewinnen. Durch das Streicheln und Spielen mit Max lernen die Kinder Empathie und soziale Fähigkeiten, während sie gleichzeitig Stress reduzieren und emotional gestärkt werden. Diese positiven Interaktionen fördern sowohl das seelische Wohlbefinden als auch die soziale Entwicklung der Kinder auf eine einzigartige und tiefgreifende Weise.  

Tiergestützte Therapien werden sowohl in Einzel- als auch in Gruppensettings durchgeführt. Einzelsettings bieten individuelle Aufmerksamkeit und intensive Interaktionen, Gruppensettings stärken das Gemeinschaftsgefühl und ermöglichen den Austausch vielfältiger Perspektiven.  

Die Ursprünge der tiergestützten Therapie

Im Jahr 1969 veröffentlichte Dr. Boris M. Levinson, ein amerikanischer Kinderpsychologe, seine bahnbrechenden Arbeiten, die die Bedeutung der tiergeschützten Therapie hervorhoben. Levinson entdeckte durch Zufall die positiven Auswirkungen seines Hundes Jingle auf seine jungen Patienten und begann systematisch zu untersuchen, wie Tiere als therapeutische Helfer eingesetzt werden können. Eine seiner bekanntesten Veröffentlichungen ist das Buch „Pet-Oriented Child Psychotherapy“, in dem er positive Auswirkungen von Tieren auf die psychische Gesundheit von Kindern darlegte. Seine Arbeiten legten einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der tiergestützten Therapie und ebneten den Weg für die moderne Praxis und Forschung in diesem Bereich.  

Tiergestützte Pädagogik kann in verschiedenen Einrichtungen eingesetzt werden:

Kindertagesstätten und Kindergärten

Durch den Einsatz von Tieren entwickeln Kinder Verantwortungsbewusstsein, Mitgefühl und soziale Kompetenzen. Dies ist für die Kinder eine bereichernde Erfahrung und trägt zur ganzheitlichen Entwicklung bei. Die Einbindung von Tieren in den pädagogischen Alltag bereichert die Lernumgebung und bietet den Kindern neue Möglichkeiten zum Spielen, Entdecken und Lernen.

Schulen

Tiergestützte Pädagogik in Schulen kann eine wertvolle Ergänzung zum traditionellen Unterricht sein und dazu beitragen, die Lernerfahrungen der Schüler zu bereichern und den Unterricht interaktiver und erlebnisreicher zu gestalten. Die bieten den Schülern die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln und sich aktiv am Lernprozess zu beteiligen.

Therapeutische Einrichtungen

Tiere werden als Co-Therapeuten eingesetzt, um Kindern mit besonderen Bedürfnissen bei der Bewältigung von Verhaltensproblemen sowie emotionalen, sozialen Problemen und Herausforderungen zu helfen. Die Therapieziele konzentrieren sich unter anderem auf die Bewältigung von Traumata, die Verbesserung der emotionalen Gesundheit und die Entwicklung von Bewältigungsstrategien.

Spezialpädagogische Einrichtungen

Diese Einrichtungen bieten Kindern mit besonderen Bedürfnissen, sei es aufgrund einer körperlichen, geistigen oder emotionalen Beeinträchtigung eine spezielle Förderung. Tiere haben eine therapeutische Wirkung und helfen den Kindern dabei, sich zu öffnen, Vertrauen aufzubauen und sich emotional zu stabilisieren.

Jugendzentren

Tiergestützte Aktivitäten tragen dazu bei, das Selbstbewusstsein und die sozialen Fähigkeiten von Jugendlichen zu stärken. Jugendzentren sind ein Ort für junge Menschen, an dem sie sich treffen, aktiv sind, lernen und sich entwickeln können. Die Einbindung von Tieren in die Aktivitäten der Jungendeinrichtungen schafft ein unterstützendes und förderliches Umfeld für die Jugendlichen.

Ferienlager und Freizeiteinrichtungen:

Tiere könne in Freizeitaktivitäten integriert werden, um den Kindern eine erlebnisreiche und lehrreiche Zeit zu bieten. Sie sind eine sinnvolle Erfahrung für die Teilnehmer und tragen dazu bei, ihre persönliche Entwicklung und ihre Ausgeglichenheit mit einem abwechslungsreichen und motivierenden Programm zu fördern.

Positive Unterstützung dank tiergestützter Pädagogik

Die Einsatzmöglichkeiten der tiergestützten Pädagogik sind vielfältig und reichen von der emotionalen Unterstützung bis hin zur Förderung motorischer Fähigkeiten. Nachfolgend einige konkrete Unterstützungsmöglichkeiten:

  1. Emotionale Unterstützung: Der Kontakt mit Tieren hilft Kindern, emotionale Stabilität zu finden und Stress abzubauen. Tiere bieten Trost und Sicherheit, was insbesondere für Kinder in schwierigen Lebenssituationen hilfreich ist.
  2. Soziale Interaktion: Der Umgang mit Tieren fördert die sozialen Fähigkeiten der Kinder. Kinder lernen mit Hilfe von Pädagogen und Tieren, Rücksicht zu nehmen, sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen und Verantwortung zu übernehmen.
  3. Teamarbeit: Viele tiergestützte Aktivitäten werden in Gruppen durchgeführt, was die Zusammenarbeit und Kommunikation unter den Kindern fördert. Starke soziale Netzwerke sind dabei ein wichtiger Faktor.
  4. Motorische Förderung: Aktivitäten wie das Füttern, Bürsten oder Spazierengehen mit Tieren stärken die Feinmotorik und die körperliche Koordination. Bewegungsspiele mit Tieren fördern die grobmotorischen Fähigkeiten.
  5. Kognitive Entwicklung: Durch den Umgang mit Tieren lernen Kinder, Zusammenhänge zu verstehen und neue Informationen aufzunehmen. Sie erfahren Wissenswertes über verschiedene Tierarten und deren Lebensweisen.
  6. Sprachentwicklung: Die Interaktion mit Tieren kann die Sprachentwicklung fördern. Kinder sprechen mit den Tieren, erzählen von ihren Erlebnissen und erweitern so ihren Wortschatz und ihre Ausdruckfähigkeit.
  7. Selbstbewusstsein: Der Erfolg im Umgang mit Tieren stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder. Sie erleben, dass sie durch ihre Fürsorge und Aufmerksamkeit positive Veränderungen bewirken.
  8. Selbstwirksamkeit: Kinder erfahren, dass ihre Handlungen positive Auswirkungen haben. Dieses Gefühl der Selbstwirksamkeit ist entscheidend, um Herausforderungen aktiv anzugehen und zu bewältigen.
  9. Beobachtung und Anpassung: Der Umgang mit Tieren erfordert die Fähigkeit, deren Bedürfnisse zu beobachten und darauf zu reagieren. Dies fördert die Entwicklung von Problemlösungs- und Anpassungsfähigkeit.
  10. Förderung der Resilienz: Resilienz beschreibt die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen und Herausforderungen zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Die Förderung der Resilienz ist ein wichtiges Ziel in der pädagogischen Arbeit, insbesondere bei Kindern. Tiergestützte Pädagogik bietet hierbei wertvolle Ansätze und Methoden.

Welche Tiere eignen sich für den Einsatz in der Pädagogik?

Folgende Tiere haben sich für den therapeutischen Einsatz besonders bewährt:

Hunde sind vielseitig einsetzbar und hervorragend geeignet, um soziale und emotionale Kompetenzen zu fördern. Ein Hund kann eine beruhigende Präsenz sein, die hilft, Stress abzubauen und ein positives Lernumfeld zu schaffen. Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen und entwickeln ein Gefühl der Zugehörigkeit. Zu beachten ist, dass die Arbeitszeit eines Therapiehundes auf maximal 45 Minuten pro Tag beschränkt ist und nur in Ausnahmefällen auf zwei Stunden erhöht wird, wenn mehrere Hunde gleichzeitig in einer Therapie eingesetzt werden. Unter den Hunderassen haben sich der unter anderem der Golden Retriever, der Berner Sennenhund oder der Beagle bewährt. Auch Mischlinge bringen gute Voraussetzung für eine Therapie mit, wenn sie von ihrem Wesen, der Sozialisation und der Erziehung als Therapiehund geeignet sind. Professionelle Therapiehunde werden oft bereits im Welpenalter ausgesucht und entsprechend ausgebildet.

Der Umgang mit Pferden im Rahmen des Therapiereitens oder der Hippotherapie stärkt das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit. Kinder lernen, Ängste zu überwinden und motorische Fähigkeiten zu entwickeln. Die Hippotherapie ist eine ganzheitliche Therapieform, die Pferde als therapeutisches Medium nutzt, um motorische sensorische, kognitive und emotionale Fähigkeiten zu fördern. Durch die Kombination von physischer Aktivität, emotionaler Unterstützung und sozialer Interaktion stellt die Hippotherapie eine wertvolle Ergänzung zur traditionellen Therapieform dar.

Katzen können durch ihre ruhige und sanfte Art beruhigend auf Kinder wirken und ihnen ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln.

Sanftmütige Lamas und Alpakas sind ideal für die Arbeit mit Kindern. Sie strahlen Ruhe aus und  helfen, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und Ängste abzubauen.

Hühner sind leicht zu halten und bieten den Kindern, die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Das tägliche Füttern und Sammeln der Eier kann lehrreich und erfüllend sein.

Ziegen sind neugierig und interaktiv, was sie zu großartigen Begleitern in der tiergestützten Pädagogik macht. Ihre Pflege und das Beobachten ihres Verhaltens können Kindern wertvolles Wissen über Tierpflege und Verhaltensweisen beibringen.

Fazit:

Tiergestützte Pädagogik ist eine faszinierende Methode, bei der Tiere aktiv in den Lern- und Entwicklungsprozess von Menschen eingebunden werden. Ihre Ursprünge reichen weit zurück, auch heute finden wir sie in Schulen, Kindergärten, Therapiezentren und vielen anderen Einrichtungen.

Stell Dir vor, ein Hund hilft Kindern, ihre sozialen Fähigkeiten zu verbessern, ein Pferd stärkt das Selbstbewusstsein von Jugendlichen oder eine Ziege unterstützt Menschen dabei, Stress abzubauen. Diese Tiere fungieren als motivierende Partner, die eine besondere Verbindung zu den Menschen aufbauen und ihnen auf vielfältige Weise helfen.

Ob es darum geht, die Konzentration zu steigern, die Empathie zu fördern oder einfach nur ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Die Unterstützungsmöglichkeiten sind nahezu grenzenlos. Hunde, Pferde, Katzen und sogar Nutztiere wie Ziegen und Schafe können je nach Ziel und Bedarf zum Einsatz kommen.  

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